Die Fähre, die uns von Paquera nach Puntarenas bringen soll, akzeptiert keine Kreditkarten, und die zwei Geldautomaten in der Ortschaft verweigern die Herausgabe von Barem. Der Bankangestellte, der ein Gesicht macht, als ob er nicht einmal Spanisch beherrscht, faselt nur immer wieder „Visa. Visa.“ Dazu fehlen uns allerdings die PINs. Sehr schlau… Schließlich ist ein Bankkunde bereit, uns 20 Euro (!) in Colones zu wechseln – zu einem, sagen wir mal, optimierungswürdigen Kurs. Was soll’s, wenn es der Überfahrt dient, streiten wir nicht wegen fünf Euro.
Auf der Fähre, beim Schmökern im Reiseführer, erkennen wir, dass wir eh alles schon vorher hätten wissen müssen: es gibt in Costa Rica unterschiedliche Bankomaten, die jedoch nicht von außen erkennbar sind. Oft gibt der Name des Bankinstituts einen Hinweis, und mit Visa kann man tendenziell eher Geld beheben als mit Mastercard oder Maestro/Cirrus. Der selbe Reiseführer gibt uns auch gleich den Tipp, wo in Puntarenas maestro-kompatible Geräte stehen. In viele Banken kommt man übrigens nicht so ohne weiteres hinein, ohne durch eine Schleuse und Sicherheitskontrolle (ohne Rucksack) gehen zu müssen. Vor einer haben wir auch einen Wachmann mit Pumpgun stehen sehen…
Die nächsten 90km verlaufen beinahe wie zuhause, auf einer Autobahn (mit Maut, 150 Colones=25 Cent) und gut ausgebauten Landstraßen. An der Brücke über den Rio Tarcoles machen wir eine kurze Pause, da von hier aus ein Rudel Krokodille zu beobachten sind. Kurz nach Quepos kommen wir zu unserem Hotel, das zur vorherigen Unterkunft kontrastreicher nicht sein kann. Der Concierge führt uns durch die adaptierte Villa, deren Besitzer zahlreiche Souvenirs aus offensichtlichen früheren Tätigkeiten ausstellt (so zum Beispiel ein gusseisernes Schild am Eingang „Botschaft der Deutschen Demokratischen Republik“). Ein riesiges Zimmer, ein Pool mit Poolbar und ein wohnzimmerliches Restaurant.Da lässt es sich aushalten.
Nach dem Frühstück machen wir uns auf zum Nationalpark Manuel Antonio, der einer der schönsten in Costa Rica sein soll. Aus Beschreibungen sind wir jedoch vorgewarnt vor falschen Guides und ähnlichen Nepp. So sollen Besucher per Boot über einen Fluss geführt worden sein, wo dann in Flussmitte der Fährpreis „nachverhandelt“ wurde (zu wessen Gunsten wohl), und danach mussten die Herrschaften erkennen, dass sie am Hinterausgang des Parks abgesetzt wurden. Die Parkverwaltung scheint damit nicht wirklich ein Problem zu haben, jedenfalls fehlen sämtliche Hinweisschilder, die guidelos zum Eingang führen könnten. Trotzdem schaffen wir es, die unscheinbare Kasse hinter gassenweisen Ramsch-Läden zu entdecken.
Im Park gibt es fast so viele Guides wie Besucher, und so ist es fast unmöglich, an Faultieren, Brüllaffen und so weiter vorbei zu kommen, ohne sie zu bemerken. Die Temperaturen sind dem Dschungelgebiet angepasst, jeder Liter Trinkwasser schießt fast verzögerungsfrei aus den Poren wieder raus. Gottseidank sind die meisten Wege im Schatten.
Am Strand (deren es einige gibt, die auch zum Baden freigegeben sind) tummeln sich neben Urlaubern auch Kapuzineräffchen und Waschbären, die sich dort ex aequo Rennen um die essbaren Inhalte von Rucksäcken liefern: für unbeteiligte Fotografen ein Riesenspass.
An einem Strand treffen wir wieder die schwedische Vierergruppe, die mit uns gemeinsam in Tortuguero war. Wir plauschen ein bisschen, und wandern dann eine letzte Runde um eine bergige Halbinsel. Danach steigt zumindest bei mir die Außentemperatur und Luftfeuchtigkeit zügig aus dem gelben in den roten Bereich, und wir schauen zu, dass wir wieder aus dem Park kommen.
Der Park an sich ist sehenswert, wenn man allerdings schon vorher diverse Affen, Faultiere, Vögel, etc. erleben durfte, bleibt das große Aha ein bisschen aus.
Ein paar Kilometer außerhalb des Parks bleiben wir in einem Lokal hängen, das um ein Fairchild C-123 Frachtflugzeug herum gebaut wurde, das die Amerikaner (die wirklich *nie* in die Sache verwickelt waren) in Costa Rica zurückgelassen haben, als die Iran-Contra-Affäre ins Rollen kam. Das war in den 1980ern, die sandinistische Regierungstruppen Nicaraguas hatten das Schwesternflugzeug abgeschossen und einen CIA-Hansel gefangen genommen. Reagan sagte, er wusste von nichts, und Oliver North antwortete bei seiner Befragung vor dem Kongress fast ausschließlich mit „I have no clear recollection of that, sir“. Anyway, das Seafood war ausgezeichnet, die Bar im Flugzeugrumpf heißt heute „Contra Bar“.
Der Rest des Tages vergeht am und im Pool.
Ein ganzer Tag voll… nix!
Im Nachhinein gibt es keine wirklich schlüssige Erklärung, wieso wir die nicht übertrieben weite Strecke vom Manuel Antonio NP zum „Regenwald der Österreicher“ durch eine Übernachtung unterbrochen haben. Es ist jedenfalls so, und nach weniger als einer Stunde Fahrzeit halten wir schon wieder an. Viel gibt es hier nicht zu tun, ausser faul am Pool herum zu liegen, zu Lesen und Musik zu hören.
Österreichischer Dschungel
Wir folgen der Panamericana weiter nach Süden, und biegen bei La Gamba in eine kleine Schotterstraße ein, die mit Behelfsbrücken und Furten einige Bäche quert. Nach einigen Kilometern kommen wir an der Esquinas Rainforest Lodge an, einer kleinen Anlage, die direkt an eine Forschungsstation der Universität Wien anschließt. Weil Teile der „Freikäufe“ des Schutzgebiets, und die Station selbst, vom Staat Österreich finanziert werden, wird das Gebiet „Regenwald der Österreicher“ genannt.
Die Lodge besteht aus einem offenen Gemeinschaftsgebäude, mehreren kleinen Hütten, Gärten, Teichen und einem Pool. In der Umgebung sind einfache Wanderwege angelegt, und ein Pool wird mit Wasser aus einem Bach gespeist. Die Hütten sind einfach aber gemütlich. Wir machen eine zweistündige Wanderung auf abenteuerlichen Wegen und entlang eines engen Flussbetts, wo wir verschiedene Frösche entdecken. Da es in der weiteren Umgebung keine Lokale gibt, ist das Quartier nur mit Vollpension zu haben. Das Essen ist wie aus (costaricanischer) Mutti’s Küche, und sehr familiär. Fast alle Gäste, bis auf ein Pärchen, stammen aus Österreich, und es ist etwas ungewohnt, plötzlich fast nur noch deutsch zu hören. Nach dem Abendessen nehmen wir an einer Nachtwanderung mit Gummistiefeln und Stirnlampen teil. Dabei stoßen wir gleich beim Vorbeigehen am Pool auf eine Lanzenotter, die auf Frösche wartet. Das Gute daran ist, dass das Exemplar noch ein Jugendlicher ist, und mit Gummistiefeln so seine Probleme haben dürfte. Das Schlechte aber ist, dass nur ausgewachsene Ottern „ihre Drüsen unter Kontrolle haben“; Teenager verspritzen gleich alles was sie haben, und sind dadurch gefährlicher. Aber, wie gesagt, für den Fall der Fälle haben wir Gummistiefel… Des Nächtens kommen auch die Frösche wieder aus ihren Verstecken, und so finden wir auch wieder einen der rotäugigen Laubfrösche (diesmal einen mit grünen statt orangen Beinen). Beim Nachhausekommen erwartet uns noch eine blattförmige Gottesanbeterin, und wieder einmal sorgt unser aufgebautes Moskitonetz für nächtliche Sicherheit.
Am zweiten Tag treffen wir uns mit einem Pärchen aus Wien und einem Guide aus La Gamba zu einer geführten Wanderung. Ein Teil der Leute aus La Gamba, die bis vor zwanzig Jahren unter anderem von der inzwischen verbotenen Jagd in der Umgebung und von Holzwirtschaft (auch verboten) gelebt haben, verdienen sich nun ihren Unterhalt in der Lodge, und können so ihr gewaltiges Wissen über Flora und Fauna nützen. So auch Jose Angel, der uns auf die skurrilsten Dinge und Pflanzen hinweist, der unseren Begleiter als Charlie Sheen outet und sich köstlich über mein beiläufiges Indiana Jones-Gepfeife amüsiert. Obwohl die Wanderung gerade einmal vier oder fünf Kilometer lang ist, ist sie anstrengend und dauert den ganzen Vormittag. Immerhin sind die Wege nicht an amerikanische Touristen angepasst, sondern oft nur schlammige Stufen oder streckenweise im Bachbett verlaufend.
Weil es ja auch Urlaub und nicht nur körperliche Ertüchtigung sein soll, verbringen wir den Rest des Aufenthalts auf der Hüttenveranda beim Lesen, und Alex dreht ein paar Runden im eiskalten Pool.