von Philipp (2015)

Dieser Artikel ist Teil der Geschichte Albanien per Moped.

Das Wetter hat es doch tatsächlich gut mit uns gemeint, und die Gewitter haben sich aufgelöst :-). Wir frühstücken (während an der Theke schon hochprozentiges konsumiert wird) und reiten über die kurvige Straße SH3 40km westwärts nach Librazhd. Von dort aus wollen wir entlang des Çermenike und Gollobordë-Gebirges nach Norden bis Peshkopi fahren. Die Reiseführer sind sich hier bezüglich des Straßenzustands nicht immer einig, was uns aber eh egal ist. Zuerst tanken wir in Librazhd, und werden dann von zwei Polizisten freundlich aber bestimmt daran gehindert, durch den Ort zu fahren. So ganz klar warum wird’s nicht, aber es scheint etwas mit einem Markt zu tun zu haben. So eiern wir um den Ort herum und finden schließlich doch die gesuchte Straße.

Mehrere Kilometer geht es auf frischem Asphalt in Schlangenlinien am Talrand dahin. Hie und da liegen zwar ein paar Felsbrocken auf der Straße, dafür gibt es praktisch keinen Verkehr. Gerademal ein Land Rover mit englischem Kennzeichen kommt uns (auf der falschen Seite natürlich) entgegen.

Irgendwo hört der Aspahlt dann auf, die Straße geht in festgewalzten Schotter über und lässt uns vermuten, dass hier schon in den nächsten Wochen weiter asphaltiert wird.

Danach wandelt sich der Zustand der Strecke immer mehr zu einer einfachen, aber breiten Naturpiste.

An einer Abzweigung nehmen wir die östliche Variante über Klenjë, und dort stoßen wir auf den (zumindest für mich) aufregendsten Teil der Strecke:
Es wird am Ausbau der Piste gearbeitet, an einem vielleicht fünfhundert Meter langen, recht steilen Stück. Der Untergrund ist tiefe Erde, vor kurzem glattgewalzt, dann hat’s draufgeregnet, und gerade eben dürfte einer der schweren LKWs hier bergabgefahren sein. Er hat 20cm tiefe Spurrillen hinterlassen, so dass dazwischen oft nur ein Meter Platz zum „ungestörten“ Fahren mit den Mopeds bleibt. Kein Problem, allerdings sind die Stollen innerhalb weniger Meter kompett verklebt, und der Grip ist weg. Das Hinterrad dreht wild durch und schwanzelt hin und her, aber immerhin bleibt genug Vortrieb für Schrittgeschwindigkeit übrig. Wenn das Vorderrad einmal zu nahe an die Spurrille kommt: Patsch. Wenn das Hinterrad an die Spurrille kommt: Patsch. Wenn man einmal Fahrt verliert: vielleicht Patsch, aber dann gibt es sicher kein Anfahren mehr. Dann würd’s heißen: im Dreck aufstellen, umdrehen, ganz runter eiern und wieder von vorn anfangen. Oder die Schöpfer bitten, dass sie einen mit dem LKW rauf bringen…

Aber: alle drei schaffen wir es nach oben, und dort entschädigt uns dann die ideale Endurowanderstrecke für alles: eine enge Straße windet sich durch die Hügel, über Wiesen und durch Wälder, selten schlammig, meistens Schotter und hie und da auch felsig. So geht es dann dutzende Kilometer dahin. Dazwischen gibt es auch längere Fotoshootings (die immer etwas mit Wasserdurchfahrten zu tun haben…) und kleine Pausen. Obwohl wir einige Male durch Ortschaften durchkommen, finden wir keine Tavernen oder Unterkunftsmöglichkeiten. Aber der Tag ist ja noch lang.

F-chen-Fahrer halten z'sam

F-chen-Fahrer halten z’sam

Bei Ostren i Vogël wählen wir wieder die östliche Variante. Es ist oft schwer vorherzusagen, welche Wahl an Abzweigungen die günstigere ist, weil sich verschiedene Karten oft widersprechen, besonders was die Qualität der Straße betrifft. Jedenfalls kommen wir in ein Tal, das unmittelbar an Mazedonien grenzt. Hier sind in den Dörfern auch Kinder unterwegs, aber wenn und hier zugewunken wird, sind’s nicht immer nur offene Hände; wenn wir hier ohne Stehenzubleiben weiterfahren, können das schon auch manchmal Fäuste sein…

Bei Shupenze kommen wir wieder auf die asphaltierte Hauptstraße SH6, die uns nach Peshkopi bringt. Jetzt haben wir hier zwar eine Empfehlung für ein Hotel, das sich aber nicht finden lässt. So fahren wir zu einem nett aussehenden Hotel oberhalb der Stadt, das allerdings voll belegt ist. Der Chef schickt aber sofort einen seiner Jungs los, der uns zu einem Stadthotel lotsen soll. Und so checken wir im Hotel Piazza ein, mit Tiefgarage für die Mopetten und dem Flair eines Krankenhauses (auch die Bettenaufteilung in unserem Vierbettzimmer erinnert daran). Alles ein bisschen schwindlig, aber nett und freundlich.

Nach einem Bierchen im hoteleigenen Gastgarten bummeln wir durch die Stadt. Hier fühlt man sich entweder weit weg von Mitteleuropa, oder weit in die Vergangenheit versetzt. Geschäfte verkaufen praktisch alles auf der Straße, jedes zweite Haus ist eine Bauruine, auf den Straßen wird kreuz und quer gefahren, aber es gibt an jeder Ecke Lokale und Gastgärten. Die Gegend entwickelt sich offenbar langsam, der Fuhrpark hat es schon ins 21. Jahrhundert geschafft, die Infrastruktur noch nicht. Und dazwischen dann Computerläden und Boutiquen.

Im Hotel tappen Martin und ich dann in die typische Touristenfalle der „Einheimische Spezialität für X Personen“: eine sehr gute und üppige Nudelplatte, aber zu einem Preis der vermutlich die Unterhaltskosten des ganzen Hotels für heute trägt. Egal, zwei Biere dazu und gut isses.

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