von Philipp (2015)

Dieser Artikel ist Teil der Geschichte Albanien per Moped.

Bei Omelettes und Coke statt Kaffee auf der Terrasse beginnt der Tag. Coke deswegen, weil es gerade keinen Strom gibt. Das ist in Bezug auf das Frühstück schade, beim Tanken dann aber richtig unangenehm. Ohne Strom nämlich auch kein Sprit, und das nicht nur in der näheren Umgebung. Gut, mit den F-chens ist das kein Problem, aber wenn bei den BMWs das gelbe Lämpchen erscheint, liegt die KTM schon irgendwo auf dem Trockenen.

Es hilft halt nix, wir vertrauen darauf, dass es entweder irgendwann oder irgendwo wieder Strom und Sprit gibt, und werfen uns bergauf Richtung Norden, über die Serpentinen des Llogara-Passes, von dem aus man nach Süden bis Korfu sehen kann. Unterhalb des Passes halten wir zum Cache-Suchen an einem verfallenen Gebäude, in dessen Umgebung sich weitere Bunker und Tunnel befinden.

Die Nordseite des Passstraße führt dann durch dichte Wälder auf Vlorë zu. Unterwegs überholen uns zwei Radfahrer jenseits der 80km/h, was angesichts der stellenweisen Straßenschäden doppelt bemerkenswert ist. In der Ebene finden wir eine Tankstelle, die zwar auch vom Stromausfall betroffen ist, aber zumindest für die Spritpumpe und die Kassa eine gemeinsame Notstromversorgung hat (die je nach Bedarf zwischen Pumpe und Kassa umgestöpselt wird).

Die Einfahrt nach Vlorë ist dann nicht besonders beeindruckend. Kilometerweise fahren wir zwischen einer Art von Strand (wird wohl eher eine ehemalige Wiese sein, von der das Gras mit der Planierraupe geschält wurde) und meist zu 90% fertiggestellten Appartment-Blöcken durch. In der Stadt selbst wachsen entlang der Hauptstraße moderne Hotels neben kommunistischen Bauten aus dem Boden; zumindest bis zur Abzweigung ins Landesinnere. Innerhalb von 100m ändert sich das Stadtbild von „Ex-Jugoslawien“ zu einer verdreckten Variante von Marokko: niedrige Gebäude, unbefestigte Straßen und Gehsteige, chaotische Stromkabelstränge von Haus zu Haus, und überall Müll. Dazwischen Eselkarren und hupende 1970er-Mercedesen. Zugegeben, beim Zustand der Straße könnte es sich auch um eine große Baustelle handeln, weil hie und da Paletten mit Pflastersteinen herumstehen…

Baustellenorientiert geht es weiter aus der Stadt heraus. Die Straße ist oft in einem so erbärmlichen Zustand, dass reihenweise Autos durch halbfertige Tankstellen abkürzen, um zumindest einer handvoll Schlaglöchern zu entgehen.

Wir wurschteln uns so weiter, denn die Art von Straßen sind zwar technisch kein Problem für Enduros, aber Spaß machen sie nicht, insbesondere ob der schlangenlinien-fahrenden Autos. Wir steuern einer dem Navi und der Papierkarte völlig unbekannten Route entgegen, die in einer Ortschaft namens Vllahinë beginnt, und die nur Google und einer unserer Offroad-Führer kennt. Dort beginnt dann der echte, ehrliche Schotter, der uns für etwa 10-15km zurück nach Süden an die Straße SH76 bringt. Auf dem Weg dorthin passieren wir zwei Stauseen (einen davon mit einer am Ufer stehenden, laufenden Ölpumpe!), einige Dörfer und viele der allgegenwärtigen Bunker-Schwammerln. Die SH76 ist übrigens in besagtem Führer als „leicht bis moderat“ beschrieben, und auf der Papierkarte gelb eingezeichnet. Zum Vergleich: auf ähnlichen Karten für Österreich sind das Bundesstraßen. In Albanien… nicht. Nicht überall. Nämlich:

Ende des Asphalts ist in Sicht

Ende des Asphalts ist in Sicht

Phantastischer Asphalt! Breit, schwarz, griffig, sauber. Keine paar Monate alt, vielleicht. Zumindest für eine Handvoll Kilometer, dann zweigt der Asphalt in eine Sackgasse ab, und die eigentliche SH76 geht unbefestigt nach oben in die Hügel. Von Schotter kann man hier nicht wirklich sprechen, wir fahren auf einer alten Römerstraße, die stellenweise mit senkrecht gesetzten Steinen ausgebaut ist. Jahrhunderte von Regen haben die Piste ausgewaschen bis auf den blanken Fels, dazwischen gibt es immer wieder tiefe Längsrinnen und Betten von faustgroßen Steinen. Für ein paar hundert Meter ist die Strecke überhaupt kein Problem, mit der Zeit wird das Gerumpel aber anstrengend. Dazu kommt die Außentemperatur von 35°C, gegen die es kaum schattige Stellen zum Ausrasten gibt. Manchmal geht es ein gemütliches Stück auf feinerem Schotter dahin, aber dann tritt das Geröll wieder von links und rechts gegen das Fahrwerk. Mag sein, dass sowas für einen Defender oder Landcruiser easy-peasy ist, aber als, und ich zitiere erneut den Reiseführer, „moderat“ kommt uns die Sache nicht vor.

Unendlich später treffen wir auf einen entgegenkommenden Motorradfahrer der unerwarteten Art: BMW R1200-R (ja, „-R“, nicht „-GS“. Das unverkleidete Straßengerät) mit Vollbeladung und rauchpausierendem Fahrer aus Deutschland. Seine Frage nach dem von uns schon absolvierten Teil der Strecke beantworten wir wahrheitsgemäß mit „so wie hier, und noch 20km“. Leider fällt die entsprechende Antwort auf unsere Gegenfrage ähnlich aus. Inzwischen ist es schon nach vier Uhr nachmittags, so dass übertriebene Pausen nicht gerade angesagt sind. Statt hier bei Dunkelheit herumzugurken könnte man das Moped gleich über die Böschung werfen. Der Deutsche sieht das aber locker, nachdem er mit Zelt unterwegs ist. Wir lassen ihn ziehen und fahren weiter.

Ein, zwei Mal lässt der eine oder andere von uns das Moped fallen (ohne Konsequenzen für Mann und Gerät), und schlussendlich gelangen wir an eine asphaltierte Straße, die uns nach einigen Kilometern nach Tepelenë führt. Von hier aus fahren wir auf einer schön ausgebauten Straße, dem spektakulären Ufer des Vjosa-Flusses entlang, an Këlcyrë vorbei nach Përmet, unserem Tagesziel.

Wir versuchen, im Hotel „Ramizi“ ein Zimmer zu bekommen, dessen Rezeptionist uns aber dank Vollbelegung an ein kleines Hotel am anderen Flussufer verweist. Hier bekommen wir zwei einfache Zimmer mit Blick auf Fluss, den dort bekannten Felsen und die Moschee. Es gibt Abendessen (irgendwas mit Schwein und Fritten) und lokales Bier. Und tiefen Schlaf dank SH76.

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Geocaches zum Artikel (1)

The Way to Llogara-Pass (GC33F3Q) (D2,5/T3,5)


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