Dieser Artikel ist Teil der Geschichte Albanien per Moped.
Der Stausee liegt im Nebel, aber 500m höher scheint strahlend die Sonne. Während ich mir auf der Terrasse noch den Schlaf aus den Augen reibe, erhält Peter schon eine Exklusiv-Führung durch den Gemüsegarten und die haus-eigene Rakija-Destille. Das Frühstück besteht aus Kaffee und Marmeladebroten, dann geht es weiter in Richtung Staudamm. Der Nebel dort hat sich inzwischen verzogen; er hat aber auch genug Zeit dafür gehabt, weil uns die verbleibenden 40km samt Fotostopps über eine Stunde kosten.
Der Staudamm ist ein gigantischer Steinschüttdamm, über 150m hoch. An den umgebenden Berghängen stehen nicht nur die sowieso überall präsenten Bunker-Schwammerln, sondern auch Beobachtungsposten auf hohen Betonsäulen; alle natürlich inzwischen nicht mehr in Betrieb.
Um zur Anlegestelle der Koman-Fähre zu gelangen, müssen wir zuerst ein Stück den Valbona-Fluss hinauf, wo wir an der dortigen Brücke den Fluss überqueren und nach zwei Kilometern zum „Pier“ gelangen. Dort liegen zwei fast baugleiche Fähren: eine brauchbare, die gerade so weit vom Ufer entfernt vertäut ist, dass sie offensichtlich nicht zur Benützung vorgesehen ist, und eine im Farbton „Eisenoxid matt“, die auch davon abgesehen aussieht, als hätte sie die letzten Jahre durchgehend unterhalb des Wasserspiegels verbracht. Wir besorgen uns an einer Bude Tickets, Chips und gefärbtes Zuckerwasser, und warten im Schatten auf die Dinge, die da kommen mögen.
Und es kommt eine Fähre, die uns alle mitnehmen würde; ohne die Mopeds. Es ist eine reine Personenfähre, allerdings ist es noch lange vor der geplanten Abfahrtszeit, also kein Grund für Stress.
Tatsächlich trifft kurz danach eine nicht allzu große, aber brauchbare Fähre ein, die bequem Platz für die paar wartenden Autos und uns drei hat. Und dann geht es los, 34km entlang des meistens ziemlich engen Koman-Stausees. Es sieht hier aus wie in Norwegen; hohe Felswände links und rechts, einzelne kleine Seitenarme, und hin und wieder eine Bucht, in der eine Zille liegt, und Pfade in die einmündenden Schluchten. Es gibt auch vereinzelt Siedlungen, die vermutlich nur über den See erreichbar sind.
Es dauert fast drei Stunden, bis wir ans untere Ende des Sees kommen. Von der Anlegestelle geht es zuerst direkt in einen Tunnel, und dann für 30km auf der bisher schlechtesten Straße der Reise (inklusive der Felspisten) nach Vau i Dejës, wo wir auf der SH5 in Richtung Shkodër fahren.
Entlang der Einfallstraße stehen Unmengen moderner Bürogebäude, die aber nicht immer in Betrieb erscheinen. Auch die Parkplätze sind oft nicht asphaltiert, sondern mit Gras und Gebüsch überwachsen. Nachdem es schon relativ spät ist, suchen wir schon in den Außenbezirken nach einem Hotel, es ist aber schwierig in Ruhe zu suchen, da die abendliche Rush Hour eingesetzt hat. Schließlich finden wir aber doch eine Unterkunft, in einem Hotel, in dessen Erdgeschoss eine Tankstelle untergebracht ist. Die Rezeption scheint sich in einem Gang zum Hintereingang zu befinden, aber das Zimmer, das wir bekommen ist groß und schön.
Auf der Suche nach einem Abendessen bummeln wir nach einer Dusche ein Stück die Hauptstraße entlang und finden dabei zwar an jeder Ecke Kaffeehäuser, aber nichts zu Essen. Und so setzen wir uns in den Gastgarten einer Fastfood-Bude und stopfen uns mit Pizza und Kebab voll. Die Mopeds parken derweilen zwischen Tanke und Haupteingang des Hotels, unter den hoffentlich wachsamen Blicken des Tankwarts.