7. Tag: Städte im Fels
Der Tag fängt gut an: schönes Wetter und Pancake All-you-can-eat-Frühstück am Campingplatz 🙂 Danach besorgen wir uns Eintrittskarten für zwei Führungen durch Anasazi-Anlagen. Bis zur ersten Führung haben wir noch ein bisschen Zeit, und so erforschen wir die Gegend auf eigene Faust. Sehenswürdigkeiten sind übersichtlich ausgeschildert, und wir entdecken an den Felshängen die ersten indianischen Steinbauten.
Die Anasazi, die „Uralten“, haben in der Zeit zwischen 1000 und 1500 n.Chr. begonnen, in kaum zugänglichen Klippen und unter Überhängen Steinbauten zu errichten. Nur sehr wenig ist von ihnen bekannt, denn knapp vor der „Entdeckung“ durch Europäer sind die Anasazi ohne brauchbare Spuren zu hinterlassen verschwunden. Deshalb gibt es nur Vermutungen über die meisten Dinge ihres Lebens oder ihrer Motivation, ihre Städte gerade so anzulegen. Sie hatten ausgeklügelte Lüftungs- und Heizungs-Mechanismen und konnten ausgezeichnet mit den ihnen zur Verfügung stehenden Materialien Werkzeuge und Gebrauchsgegenstände herstellen.
Auf den Hochebenen, in deren Schluchten die Städte hängen, finden sich auch die Bauten der Vorfahren der Anasazi, die Pit Houses, überdachte Gruben mit ähnlichen Feuerstellen, wie sie später in den Städten verwendet wurden.
Bis in den Nachmittag hinein dauert unser Aufenthalt in der Gegend, bevor wir uns weiter nach Norden nach Moab aufmachen, einer Stadt am Südrand des Arches National Park. Wieder einmal kommen wir recht spät an, so dass der Campingplatz im Park bereits geschlossen ist, und wir mit einem Platz in der Nähe der Stadt begnügen müssen. Der ist von der eher grindigen Sorte, aber für eine Nacht sollte es genügen. Wir machen einen Stadtbummel durch den Ort, und im Gegensatz zu vergleichbaren Städten der Gegend ist hier richtig viel los. Das mag vor allem am Publikum liegen, denn in der Umgebung gibt es für Kanuten, Wanderer, Geländewagen- und Quadfahrer richtige Paradiese.
8. Tag: Bögen ohne Ende
So früh als möglich bauen wir unser Zeug wieder ab und fahren in den Park. An einer einsamen Picknickstelle bauen wir unser Frühstück auf. Dabei begleiten uns Eidechsen, Chipmunks (die Kerle aus A-Hörnchen und B-Hörnchen) und kolibri-ähnlichen Vögeln. Besser als staubiger Campingplatz!
Wir haben uns mit richtig viel Wasser ausgestattet und begeben uns auf die Wanderung durch den Devils Garden. Die beginnt gemütlich auf einem gut ausgebauten Weg, allerdings nur bis zur Hälfte, beim Landscape Arch. Von dort an wird die Streckenführung aufwändiger, man sucht sich die Richtung von Steinmännchen zu Steinmännchen, und stößt dabei immer wieder auf pittoreske Steinformationen und Arches, Bögen in senkrecht stehenden, flachen Steinwänden, den Finnen. Der Endpunkt der eigentlichen Rundwegs ist der Double-O Arch, ein großer Bogen, unter dem ein zweiter, kleinerer Bogen entstanden ist. Hier machen wir eine Jausenpause und erkennen, dass wir zumindest nicht zu viel Wasser mitgenommen haben.
Einen guten Kilometer geht es von hier an weiter in die Wüste, zu einer hoch aufragenden Felsnadel, dem Dark Angel. In irgendeinem, wirklich schlechten Science Fiction Thriller ist so ein Stein vorgekommen… Egal, wir kehren um und nehmen den „Primitive Trail“ als Route zurück. Man würde erwarten, das beim amerikanischen Hang zur Übertreibung, wo jeder Wanderweg rollstuhltauglich asphaltiert ist, diese Bezeichnung auf einen für Mitteleuropäer noch immer einigermaßen gemütlichen, naturnahen Weg hinweist. Tatsächlich ist die Strecke aber nicht ohne, die Bergschuhe machen sich bezahlt. Es geht über mehrere Finnen rauf und wieder runter, über kleine Geröllfelder und durch Spalten. Coole Sache, allerdings geht uns das Wasser aus, trotz zweier Liter pro Person. Mitteleuropäer und die Wüste, pffff…
Offensichtlich sind wir aber doch irgendwie wieder lebend da raus gekommen, und quasi als Belohnung gibt der Campsite Host den Gruppen-Zeltplatz für Einzelcamper wie uns frei! Was für ein Umstieg: vom überfüllten Grind-Zeltplatz zum idyllischen, zwischen Felsen und Büschen liegenden Chipmunk-Revier!
Das Abendessen wird kalt in Jausenform serviert, und wir beschließen den Wandertag mit einem Schluck Yukon Jack unter dahin flatternden Fledermäusen.
9. Tag
Nach dem Frühstück machen wir einen kurzen Spaziergang zu einem Aussichtspunkt auf den Delicate Arch, *dem* Arch schlechthin. Er findet sich sogar auf am Autokennzeichen von Utah. Am Rückweg zum Highway kommen wir an eine Kreuzung mit einem Weg, der als „4 wheel drive recommended“ gekennzeichnet ist. Hamma, machma! Es beginnt gemütlich, nur stellenweise sind einzelne Felsbrocken zu umfahren, sonst eben eine Schotterpiste. Dann kommt die Durchfahrt eines ausgetrockneten Bachbett, da wird die Sache schon ein bisschen kniffliger. Immerhin hat der Ford zwar eine Antriebswelle zu jedem Rad, aber irgendwelche manuellen Einstellungen oder Sperren fehlen ihm. Scheinbar macht die Elektronik ihre Sache aber ausreichend gut, denn mehr als das ein Rad kurz rutscht, passiert nichts, und wir kommen auf die andere Seite. Ein Stückchen weiter dann eine zweite haarige Stelle: nicht besonders steil, aber glatter Fels und vor allem Stufen und Kanten, die zwar dem Fahrwerk nichts ausmachen sollten, aber vielleicht der Karosserie? Wir überlegen uns also eine Route, die brauchbar sein könnte, Alex macht die Einweisung und ich den Kurbler. Gaaaanz kurz schrammt die Gummilippe unter der Stoßstange am Fels, aber an sonsten geht alles glatt. Mit uns zufrieden feiern wir unseren Gipfelsieg, und suchen dann den Highway, der einige harmlose Kilometer voraus liegt.
Die Strecke in Richtung Bryce Canyon ist eher öde – lange Geraden durch endlose Ebenen. Als Siedler vor 150 Jahren hätt ich hier umgedreht und drauf gepfiffen. Dann aber folgt die Durchfahrt des Capitol Reef National Parks; abwechslungsreich durch zum teil saftig-grüne Schluchten, vorbei an uralten Felszeichnungen, Petroglyphen genannt. Es geht hoch hinaus, an einer Passhöhe steht ein Schild „Elevation 9600ft“, über 2800m Seehöhe. In den Alpen ist man hier schon längst im kargen, hochalpinen Bereich, hier fällt das gar nicht auf, die Gegend ist bewalded, und die breit ausgebaute, sattelschleppertaugliche Straße tut ein übriges, um keinen alpinen Charakter aufkommen zu lassen.
Unterwegs besuchen wir in der Nähe von Boulder/UT eine Anasazi-Ausstellung, in der auch Ausgrabungen besichtigt werden können. Die weiterführende Straße führt spektakulär entlang des Kamms einer schmalen Felsfinne. Links und rechts gehts fast unmittelbar neben dem Bankett hunderte Meter in die Tiefe.
Im Bryce Canyon stoßen wir am Campingplatz auf das inzwischen übliche Problem, keinen Zeltplatz zu finden. Ein Teil der Plätze kann im vorhinein gebucht werden (das haben wir zugunsten der Flexibilität nicht wochen vorher getan), der Rest wird First-come-first-serve vergeben. Und da wir immer erst gegen Abend ankommen, ist alles schon belegt.
Etwas außerhalb jedoch liegt „Ruby’s“, ein „Dorf“, bestehend aus Campingplatz, Motel/Hotel, Restaurant, Shops und zwei Tankstellen. Alles irgendwie in Familienbesitz. Der Campingplatz ist aber in Ordnung, die Waschräume in extrem guten Zustand, und vor allem gibt es einen schönen Platz für uns zwei. Wir machen einen Bummel durch die Shops, die vor allem auf Ramsch aus Steinen spezialisiert sind, das Abendessen kommt dann vom All-you-can-eat-Buffet.
Für die Nacht ist starker, böiger Wind mit bis zu 100km/h angekündigt, deswegen verwenden wir ausnahmsweise die Spannleinen unseres Zelts.
10. Tag: Bryce Canyon
Gleich nach der Einfahrt in den Park stoßen wir auf einige seiner Bewohner: Präriehunde, die gerade mit Grabungsarbeiten beschäftigt sind.
Der Queens Garden Trail führt uns über einige Kilometer vom Klippenrand hinunter in skurrile Steingärten aus Hoodoos, dünnen, hohen Felsnadeln. Die Landschaft sieht aus wie Doktor Dildo’s Gruselkabinett. Der Weg windet sich um die Formationen herum hinunter zum Talboden, wo wieder Vegetation beginnt. Chipmunks bespaßen die vorbeiwandernden Touristen, und die Felsobjekte haben Namen wie „Der Papst“, „Wallstreet“ oder „Thor’s Hammer“.
Wieder am Plateau angekommen setzen wir uns ins Auto und fahren gut 20km ans südliche, 2800m hoch gelegene Ende des Parks, den Rainbow Point, von wo man fast bis zum Grand Canyon sehen kann. Auf der Rückfahrt treffen wir auf eine zweite, riesige Präriehund-Kolonie. Eine ganze Wiese voll von den kleinen Bergmännern. Eigentlich sollten die alle kleine gelbe Helme tragen…
Am Abend nutzen wir die Gelegenheit und werfen eine Ladung unserer dreckigen Klamotten in die Waschmaschine. Zum letzten Mal für diesen Urlaub steht uns eine Zeltnacht bevor.